Der Halsbandprozess: Ein Skandal, der den Sturz der Monarchie beschleunigte
Der Halsbandprozess der Königin bleibt einer der spektakulärsten Skandale des Ancien Régime. Dieser kühne Betrug, der 1785 aufflog, beschädigte unwiderruflich den Ruf von Marie-Antoinette und trug dazu bei, den Volkszorn zu schüren, der vier Jahre später zur Französischen Revolution führen sollte.
Das Diamanthalsband: Ein außergewöhnliches Schmuckstück
Alles begann mit einem außergewöhnlichen Halsband, das von den Pariser Juwelieren Boehmer und Bassenge geschaffen wurde. Es bestand aus 647 Diamanten mit einem Gewicht von 2.800 Karat und war für die Mätresse von Ludwig XV., Madame du Barry, bestimmt. Doch der Tod des Königs im Jahr 1774 ließ die Juweliere mit diesem unverkauften Schmuckstück von enormem Wert zurück: 1,6 Millionen Livres, was heute mehreren Millionen Euro entspricht.
Die Juweliere versuchten mehrfach, das Halsband an Marie-Antoinette zu verkaufen, doch die Königin lehnte systematisch ab, da sie den Preis für überhöht hielt und das Geld lieber der königlichen Marine zugutekommen sollte.
Die Hauptakteure des Betrugs
Jeanne de la Motte-Valois: Die Manipulatorin
Jeanne de la Motte gab vor, eine illegitime Nachfahrin des königlichen Hauses Valois zu sein. Ehrgeizig und skrupellos lebte sie am Rande des Hofes in Versailles und suchte verzweifelt nach Reichtum und sozialem Aufstieg. Sie war die Urheberin und Organisatorin des gesamten Betrugs.
Kardinal de Rohan: Das prestigeträchtige Opfer
Louis René Édouard de Rohan, Kardinal und Großalmosenier von Frankreich, war ein eitler und naiver Mann. Von Marie-Antoinette nach seiner Botschaft in Wien, bei der er ihre Mutter, Kaiserin Maria Theresia, beleidigt hatte, in Ungnade gefallen, suchte er verzweifelt, die Gunst der Königin zurückzugewinnen.
Graf von Cagliostro: Der Okkultist
Giuseppe Balsamo, genannt Graf von Cagliostro, war ein italienischer Abenteurer, bekannt für seine okkulten und alchemistischen Praktiken. Freund des Kardinals von Rohan, spielte er eine zwielichtige Rolle in der Affäre und bestärkte den Kardinal in seinen Illusionen.
Der Ablauf des Betrugs
Jeanne de la Motte überzeugte den Kardinal von Rohan, dass sie eine enge Freundin von Marie-Antoinette sei und in ihrem Namen vermitteln könne. Sie fertigte gefälschte Briefe an, die angeblich von der Königin stammten, in denen diese ihre Vergebung und den Wunsch ausdrückte, die Beziehung zum Kardinal wiederherzustellen.
Der Höhepunkt der Manipulation war ein nächtliches Treffen, das im August 1784 in den Gärten von Versailles arrangiert wurde. Im Dunkeln traf der Kardinal eine Frau, von der er glaubte, sie sei Marie-Antoinette – tatsächlich war es eine Prostituierte namens Nicole Leguay d'Oliva, ausgewählt wegen ihrer Ähnlichkeit mit der Königin.
In seinen Illusionen bestärkt, erklärte sich der Kardinal bereit, als Vermittler zu fungieren, als Jeanne ihm mitteilte, die Königin wolle das berühmte Halsband heimlich erwerben. Im Januar 1785 unterschrieb Rohan den Kauf des Halsbands im Namen der Königin und verpflichtete sich zur Zahlung in mehreren Raten.
Das Halsband wurde einem angeblichen Diener der Königin übergeben – in Wirklichkeit dem Komplizen und Geliebten von Jeanne, Rétaux de Villette. Das Schmuckstück wurde sofort zerlegt und die Diamanten in London und anderswo in Europa verkauft.
Der Ausbruch des Skandals
Als die erste Zahlungsrate im Juli 1785 fällig wurde, erschienen die Juweliere in Versailles, um ihr Geld einzufordern. Marie-Antoinette erfuhr mit Erstaunen von dieser Transaktion, von der sie nichts wusste. Der Skandal brach öffentlich am 15. August 1785, dem Mariä Himmelfahrtstag, aus, als Kardinal de Rohan mitten in einer Zeremonie in Versailles in pontifikalen Gewändern verhaftet wurde.
Der Prozess und seine Folgen
Der Prozess vor dem Parlament von Paris fesselte ganz Europa. Ludwig XVI. bestand entgegen dem Rat von Marie-Antoinette darauf, dass die Affäre öffentlich verhandelt werde, um die Ehre der Königin zu retten. Dies war ein schwerer strategischer Fehler.
Im Mai 1786 wurde Kardinal de Rohan freigesprochen, da das Parlament befand, er sei Opfer eines Betrugs geworden. Jeanne de la Motte wurde zur Auspeitschung, Brandmarkung und lebenslanger Haft in der Salpêtrière verurteilt. 1787 gelang ihr die Flucht nach London, wo sie verleumderische Memoiren gegen Marie-Antoinette veröffentlichte.
Die Auswirkungen auf Marie-Antoinette
Obwohl unschuldig, ging Marie-Antoinette aus dieser Affäre entehrt hervor. Der Freispruch des Kardinals wurde vom Parlament als Missachtung der Königin gewertet. Pamphlete und Flugschriften häuften sich und warfen Marie-Antoinette alle möglichen Laster vor: übermäßige Ausgaben, skandalöse Affären, Manipulation des Königs.
Der Halsbandprozess bündelte den Volkszorn gegen die „Österreicherin“. Er trug dazu bei, das Bild einer frivolen, verschwenderischen und unmoralischen Königin zu schaffen, das bis zur Revolution bestehen blieb. Doch Marie-Antoinette war völlig unbeteiligt an diesem Betrug – sie war das Kollateralschaden-Opfer.
Marie-Antoinette die Lothringerin
Was oft vergessen wird, ist, dass Marie-Antoinette nicht nur die „Österreicherin“ war, wie sie ihre Gegner nannten. Durch ihren Vater Franz von Lothringen, der als Franz I. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wurde, war sie ebenso Lothringerin wie Österreicherin. Ihr lothringisches Erbe, wenn auch weniger bekannt, war ein wesentlicher Teil ihrer Identität.
Der Halsbandprozess zeigt auf tragische Weise, wie eine ausländische, unbeliebte und unverstandene Königin zum Sündenbock für alle Übel des Reiches werden konnte und so den Boden für die kommenden revolutionären Umwälzungen bereitete.
Fazit
Der Halsbandprozess der Königin bleibt ein faszinierendes Beispiel für kühnen Betrug und psychologische Manipulation. Mehr noch zeigt er, wie ein Skandal einen Ruf zerstören und die Grundlagen einer Monarchie erschüttern kann. Für Marie-Antoinette markierte diese Affäre den Beginn vom Ende und verwandelte das Bild einer französischen Königin in das eines Symbols des Verfalls, das die Monarchie bis zu ihrem Sturz verfolgen sollte.
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