Die Steuer in Lothringen und Frankreich: Zustimmung gegen Zwang

Zwei Steuersysteme, zwei Philosophien

Unter dem Ancien Régime verkörperten Frankreich und Lothringen zwei grundlegend unterschiedliche Ansätze der Besteuerung. Während das Königreich Frankreich seine Steuern mit der Macht der königlichen Autorität erhob, praktizierte das Herzogtum Lothringen, Mitglied des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, eine auf der Zustimmung der Bevölkerung basierende Besteuerung.

Die französische Methode: Steuer durch königliche Autorität

In Frankreich verfügte der König über die absolute Macht, Steuern zu erheben. Die Steuern wurden durch königlichen Erlass ohne Befragung der betroffenen Bevölkerung festgesetzt. Diese Praxis entsprach der Logik des französischen Absolutismus, bei dem der Monarch den Staat verkörperte und alle Macht innehatte.

Die wichtigsten französischen Steuern – die Taille, die Gabelle, die Aides – wurden autoritär eingezogen, oft durch Generalpächter, die das Recht zum Steuereinzug kauften. Dieses System führte zu zahlreichen Missbräuchen und nährte die Unzufriedenheit der Bevölkerung, die in der Französischen Revolution gipfelte.

Die lothringische Tradition: Die Zustimmung der Stände

Lothringen, als Mitglied des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, folgte einer anderen Tradition, die aus dem germanischen Recht stammte. Der Herzog von Lothringen musste die Zustimmung der Provinzialstände – Versammlungen, die Adel, Klerus und den Dritten Stand repräsentierten – einholen, bevor er neue Steuern erheben konnte.

Diese Praxis der Steuerzustimmung spiegelte ein partizipativeres Machtverständnis wider, bei dem der Herrscher in Zusammenarbeit mit den Vertretern seiner Untertanen regierte. Die Verhandlungen zwischen dem Herzog und den Ständen ermöglichten es, die Besteuerung an die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung anzupassen.

Der Schock der Angliederung an Frankreich

Als Lothringen im 18. Jahrhundert schrittweise an Frankreich angeschlossen wurde (endgültig 1766), erlebten die Lothringer mit Erstaunen das französische Steuersystem. Der Übergang von einer ausgehandelten zu einer auferlegten Besteuerung bedeutete eine tiefgreifende Umwälzung für die lothringische Bevölkerung, die an eine Form des Dialogs mit ihrem Herrscher gewöhnt war.

Dieser Unterschied in der Steuerkultur verdeutlicht die tiefgreifenden Gegensätze zwischen der französischen absolutistischen Tradition und den partizipativeren Praktiken des Heiligen Römischen Reiches.

Zum Weiterlesen

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